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Tanz der Vampire

 

Berlin, Theater des Westens, 03. und 04. August 2007

 

Die Besetzung an beiden Tagen:

 

Graf von Krolock

Philipp Hägeli

Sarah

Lucy Scherer

Professor Abronsius

Veit Schäfermeier

Alfred

Andrea Casati

Chagal

Ulrich Wiggers

Magda

Katja Berg

Herbert

Haldor Laegreid (Freitag)

Jacub Wocial (Samstag)

Koukol

Stefan Büdenbender

Rebecca

Maike Katrin Schmidt

Tanzsolisten:

 

 

Kym Boyson. Silvano Marraffa, Vanni Viscusi

Gesangssolisten:

 

 

Matthias Dressel, Sven Fliege

 

Sobald der erste Ton der Musik erklingt, taucht man wieder ein in die Welt der Vampire und Untoten. Andrea Casati als Alfred erinnert schon sehr an den Film-Alfred Roman Polanski, aber er schleppt den vereisten Professor sehr geschickt ins Wirtshaus, wo ihn die Bauern mit ihrem Knoblauch schon erwarten.

 

Ich werde mal versuchen, die Änderungen gegenüber Stuttgart zu finden. Der Anfang ist, soweit ich das gesehen habe, unverändert geblieben. Sehr schön fand ich, dass alle Bauern ihre Knoblauch-Ketten blitzschnell auf den Rücken werfen, als der Professor fragt: „Und warum tragen dann alle hier Knoblauch?“.

Als Chagal dann nach einer Ausrede sucht, warum es denn hier kein Schloss geben würde, dreht Rebecca ganz „unauffällig“ mit ihrem Tuch wie mit einer Windmühle. Kleinigkeiten – aber sehr nett gemacht. Insgesamt ist die Bühne aber viel kleiner und so wirkt alles ein bisschen anders.

Das Wirtshaus wird auf der Berliner Bühne gedreht – man sieht also während sich die Personen darin bewegen, wie das Haus umgedreht wird. Bei „ein Mädchen das so lächeln“ kann wusste man dann auch wieder gar nicht, wo man zuerst hinsehen sollte – es passierte in allen vier Räumen etwas. Sehr schön gespielt von allen Beteiligten.

 

Maike Kathrin Schmidt als Rebecca hat mir sehr gut gefallen – mit der aufgeklebten Warze und der resoluten Art J. Der unschuldsvolle Blick in dem Himmel als der Professor auf den merkwürdigen Schlag mit der Salami hindeutet, war auch sehr überzeugend.

Ulrich Wiggers als Wirt Chagal hat seine Sache ebenfalls sehr gut gemacht. Er nahm wegen seiner „schönen Tochter“ immer wieder Kontakt zum Publikum auf, als würde er sich Unterstützung erhoffen. Nachdem er Magda gebissen hatte, wirkt er seeehr „unschuldig“ J.

 

Dann war der erste Auftritt von Graf von Krolock bei „Gott ist tot“. Die Wege für die Darsteller durchs Publikum sind in Berlin leider sehr kurz und auch leider nur ganz an der Seite – da war Stuttgart doch besser gelöst!!

 

Zum Grafen möchte ich gleich am Anfang etwas schreiben. Wir fanden es einfach schade und unheimlich enttäuschend – für uns und für das Stück – dass man die Figur des „mächtigen Grafen“ so falsch besetzt hatte. Sicher gibt es derzeit viele Darsteller, die diese Rolle besser und überzeugender – in Stimme und Erscheinung – hätten darstellen können. Wir haben so viele verschiedene Grafen gesehen, aber wir wurden noch nie während der Vorstellung zum Lachen animiert! Schade fürs Stück!

Der Darsteller des Grafen Krolock, Philipp Hägeli, kann unserer Meinung nichts dafür, dass er falsch besetzt wurde. Wer würde es als junger Darsteller schon ablehnen, wenn man ihn als „Zweitbesetzung Graf Krolock“ für die Hauptrolle in einem Musical einsetzen möchte. Er hat die Rolle gut gespielt, hat sich bemüht, alles richtig zu machen, er hat nicht einen falschen Ton gesungen – und trotzdem war das nicht Graf Krolock, der da auf der Bühne stand. Seine Stimme ist viel zu hell für die Rolle, sein Auftreten wirkt nicht mächtig und allen anderen überlegen – alles wirkte einstudiert und aufgesetzt.

Das Stück lebt von einem guten Graf Krolock – er ist die zentrale Figur, an der sich jeder im Saal orientiert. Eigentlich geht man ja nur in das Stück, um diese seltsame Anziehungskraft dieses Ober-Vampirs zu spüren. Wir haben es an beiden Tagen vermisst – aber nicht nur wir. Denn während alle anderen Darsteller jubelnd gefeiert wurden, verebbte der Applaus fast, wenn Krolock auf die Bühne kam.

Das sollte man einem Darsteller nicht antun. Er hat eine sehr schöne, rockige Stimme und kann sich sehr gut bewegen, deshalb wäre er in vielen anderen Rollen sicher prima aufgehoben gewesen – nur eben nicht in der Hauptrolle.

Das war ein Appell an die Zuständigen vom Casting!! 

 

Eine sehr schöne Szene war dann auch „Alles ist Hell“ – und bei der anschließenden „Wahrheit“ konnte der Professor zeigen was er kann.

Veit Schäfermeier als Professor Abronsius war großartig. Selbst bei den ganz schnellen Passagen seiner Lieder war er noch sehr gut verständlich und Mimik und Gestik waren klasse! Kein Selbstdarsteller – er war einfach ein Professor! J

 

„Die Roten Stiefel“ werden uns in besonderer Erinnerung bleiben – zum Einen, weil sie wirklich gut getanzt waren! Besonders herausheben muss ich hier einfach Vanni Viscusi, der die Tanz-Sarah über dem Kopf über die Bühne trägt und dabei auch noch ständig herumwirbelt. Wo nimmt er nur diese Kraft her?!!

Zum Anderen weil wir bei der Samstag-Vorstellung an dieser Stelle eine Show-Unterbrechung hatten. Nachdem Sarah ihr „Draußen ist Freiheit“ gesungen hatte, wurde es ganz still, keine Musik mehr, kein Geräusch. Ein Mitarbeiter hat Sarah von der Bühne geholt und wir wurden darauf hingewiesen, dass es ein kleines technisches Problem geben würde, wir aber auf den Sitzen bleiben sollten. Nach einer Weile ging es dann auch wieder weiter. Sicher lag das Problem am Wirtshaus, das wahrscheinlich auf der Rampe geklemmt hat. Als kleine Entschädigung durften wir dann noch mal den „Rote Stiefel“-Tanz genießen. Danach ging es aber wie gewohnt weiter. 

 

„Sei bereit“ war dann auch wieder ein „bisschen“ gewöhnungsbedürftig für uns. Die Vampire drängten sich rechts und links in die vorderen Logen – sah irgendwie nach Muppet-Show aus! Und sie waren auch noch mit flureszierender Farbe bemalt, was sie nicht glaubwürdiger erscheinen ließ. Nein, das war Kindertheater! Das hätte man ganz sicher auch anders lösen können, wenn man gewollt hätte.

Da wünschten wir uns wieder die Vampire aus Wien zurück, die so ohne Vorwarnung überall im ganzen Haus erschienen und genau so schnell wieder verschwunden waren.

 

„Wohl der Nacht“ verschweigen wir aus oben genanntem Grund lieber. Die Vorstellung des „Sohnes Herbert“ wirkte auch nicht wirklich so, wie man das gewohnt ist. Klar, ist bei Vampiren vieles anders – aber der Sohn älter als der Vater ist sicher auch bei denen kein Standard!

Haldor Laegreid hat die Rolle des Herbert mit sehr viel Engagement gespielt. Er hatte immer alles im Blick und man konnte an seinem Gesicht ablesen, was Herbert gerade denkt – schön gemacht! Manchmal wäre aber ein klein bisschen weniger auch noch genug gewesen.

Jacub Wocial spielte den Herbert in der Samstag-Vorstellung. Seine Darstellung war eher etwas blass – bei ihm fehlte mir die Spielfreude.

 

Nach der Pause dann die Gemäldegalerie und der Auftritt des Grafen auf der Treppe. Die Gemälde waren meiner Meinung nach nicht mehr so markant – man sah bunte Bilder, aber man konnte sie nicht mehr sofort bestimmten Personen der Geschichte zuordnen.

Da die Treppe auf die Bühne gerollt werden muss, wirken die Szenenwechsel nicht mehr so dramatisch. Bei „Totale Finsternis“ ist das nicht der Fall, denn da steht die Treppe ja schon auf der Bühne – und der Graf steht schon darauf. Das nimmt leider für den Zuschauer ein bisschen von der Spannung.

 

Das „CarpeNoctem“ war sehr gut getanzt! Ich hab noch nie gesehen, dass ein Vampir im Flick-Flack auf die Bühne stürmt – toll! Die Kostüme auch endlich wieder ein bisschen „züchtiger“ – da hatten wir in Stuttgart zuletzt ganz schlechte Erinnerungen!! Leider wird auch in der Szene wieder viel zu viel Blut verspuckt – das ist einfach nur noch eklig, wenn das Blut an den Tänzern runtertropft wie Spucke *igitt*.

 

Eine Änderung, die uns gefallen hat, war, dass Koukol unter dem Bett vom Professor schläft – das kann man sich gut vorstellen, dass das auch so wäre.

Stefan Büdenbender als Koukol war wie immer sehr gut! Da die Figur inzwischen etwas mehr „sprechen“ darf, kann er auch ein bisschen mehr Aufmerksamkeit bekommen.

 

Das Lied „Sarah“, das Alfred singt, hat auch einen anderen Platz im Musical gefunden. Im ersten Moment sehr ungewöhnlich, aber später passte dadurch der ganze Ablauf besser zusammen und nahm dem Musical ein bisschen die Länge, die immer entstanden war. Alfred singt das Lied jetzt, ehe er mit dem Professor in die Gruft steigt.

 

Sehr gut und auffallend gemacht fand ich die Tänzer, die den Spiegel darstellen sollen. Klar, nicht immer passte jede Bewegung genau zu der von Alfred, Sarah oder dem Professor, aber das ist ja vielleicht sogar gut so, weil man damit die Aufmerksamkeit auf den Spiegel lenkt. Nun hat sicher auch der Letzte hier in Berlin verstanden, dass Vampire kein Spiegelbild haben??

 

Der Ewigkeitstanz war sehr gut – auch die Kostüme konnte man hierbei gut erkennen. Einige kannten wir auch noch aus Stuttgart. Da der Weg durchs Publikum enger und kürzer ist, konzentrieren sich alle Ewigkeitstänzer auf die ersten 8-10 Stuhlreihen. Doch, das haben sie gut gemacht. Da waren wie immer einige Quieker zu hören J.

 

Der Biss des Grafen in Sarahs Hals – also ich finde, das hat nichts Esthetisches mehr. Der Graf war vom Kinn bis zur Nasenspitze mit Blut verschmiert und Sarah lief die Brühe in den Ausschnitt. Da wünschte ich mir doch wieder einmal die Wiener Vampire zurück, als der Graf noch das Tröpfchen Blut zuviel mit einem Spitzentüchlein vorsichtig von seinen Lippen entfernt hat. Das hatte was! Berlin war in der Beziehung viel zu dick aufgetragen – eklig!

 

Die Wölfe, die den armen Koukol dann verschlingen, sind inzwischen auch keine leuchtenden Augen mehr, sondern drei „ausgestopfte“ Wölfe. Gut, nun wird auch jeder verstanden haben, dass die leuchtenden Augen Wölfe waren?

 

Die Animation des Schlosses am Ende der Jagd verdeutlicht dann auch wieder mehr als es im Geheimen lässt. Man sieht, dass sich das Schloss auflöst und das Ende der Vampire ankündigt! (Wobei das ja eigentlich gar nicht stimmt, denn wir erleben ja mit, dass es weiterhin Vampire geben wird!).

 

Die Schlussszene mit dem Tanz der Vampire war mitreißend wie immer, auch wenn manche Vampire doch schon ziemlich erschöpft gewirkt haben!

Zum Glück kriegt dieses tolle Lied aber niemand kaputt *fg*.

 

Zu wem hatte ich noch nichts gesagt?

Lucy Scherer, die Sarah an beiden Abenden. Sie war sehr gut, weder aufdringlich schrill, noch zu unauffällig – einfach „nur“ gut!

Andrea Casati als Alfred war ebenfalls gut. Bei ihm hörte man in den Sprechszenen noch einen leichten Akzent, der aber nicht störend aufgefallen ist. Er spielte den Alfred so, wie man ihn sich wünscht – unterwürfig beim Professor, schüchtern bei Sarah und später mutig beim Mitternachtsball.

Katja Berg als Magda war ebenfalls sehr gut. Ich habe das Lied „Tot zu sein ist komisch“ selten so gut und überzeugend vorgetragen gehört.

Das gesamte Ensemble hat einen sehr guten Eindruck hinterlassen – sehr gute Tänzer, sehr guter Dachvampir, gutes Gesangsensemble, das manchmal nicht ganz synchron war – aber nichtwirklich  störend.

 

Durch die tolle Leistung aller Darsteller wurde der in unseren Augen negative Eindruck von Graf Krolock ausgeglichen. Trotzdem schade, denn der Krolock ist nun einmal die Figur, die die meiste Ausstrahlung haben sollte.

 

Insgesamt habe ich einen sehr positiven Eindruck von den beiden Vorstellungen mitgenommen – will heißen, dass ich es mir noch schlimmer vorgestellt hatte *fg*. Die Kürzungen bei der Gier und die Verschiebung von „Sarah“ wirken sich meiner Meinung nach positiv auf den Ablauf aus. Es gab keine Längen mehr im Stück.

Was mir wirklich nicht gefallen hat, waren diese Blutorgien. Warum muss das denn sein?

 

Mein Fazit:

Wer das Stück noch nicht gesehen hat, sollte es sich unbedingt in Berlin ansehen.

Ich persönlich habe es nicht bereut hingegangen zu sein, weil ich an beiden Tagen eine gleich gute Leistung geboten bekam. Der Funke ist bei mir in Berlin nicht übergesprungen, aber es war schön, das Stück wieder mal zu sehen!

 

© G.K. – 08/2007

 

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